Telefonseelsorge: Seismograph unserer Gesellschaft

Wir sind ein Seismograph unserer Gesellschaft“, brachte es Rita Hülskemper ebenso bildlich wie treffend auf den Punkt. Die Leiterin der Telefonseelsorge Münster verdeutlichte dem Bundestagsabgeordneten Karl Schiewerling mit diesem Bild die enorme Bandbreite und Intensität der Anrufe und „Hilferufe der Seele“. MdB Schiewerling besuchte jetzt zu einem ausführlichen Kennenlern- und Hintergrundgespräch die Mitarbeiter der Telefonseelsorge Münster, die zentral für das Münsterland auch alle Hilferufe aus dem Kreis Coesfeld entgegennimmt. Und welche „Ausschläge“ dieser Seismograph allein in unserer Region hat, verdeutlichte Hülskemper mit einigen wenigen in Zahlen: Fast 24.000 Anrufe erhielt die Telefonseelsorge Münster in 2010.
Hinzu kommt die Chat- und Mailberatung, die die Telefonseelsorge inzwischen auch leistet und die noch mehr Erfahrung von besonders geschulten Helfern verlangt: „Die Kommunikation reduziert sich dort rein auf das Geschriebene. Das bedeutet im buchstäblichen Sinne noch mehr Fingerspitzengefühl, weil die menschlichen Reaktionen des Gegenübers direkt nicht zu hören, nicht zu spüren sind wie am Telefon im direkten Gespräch.“

Die zentrale Einrichtung in Münster – getragen von den beiden großen Kirchen und auch mit einer gewissen Finanzunterstützung des Kreises Coesfeld - ist 365 Tag lang rund um die Uhr erreichbar. Geleistet wird diese enorme Aufgabe von einem gemischten Team: eine Handvoll Hauptberuflicher und weit über 80 ehrenamtlichen Helfer bewältigen diese hochsensible Aufgabe. Die Ehrenamtlichen absolvieren zu Beginn eine 200-stündige Ausbildung und werden permanent weitergebildet. Ohne diese Ehrenamtlichen könnte die Telefonseelsorge nicht bestehen.

Gerade der Dienst der Ehrenamtlichen stand im Fokus des Besuches von MdB Schiewerling, der dem Team für seinen besonderen Einsatz dankte: „Sie leisten einen unschätzbaren Dienst für die Menschen in tiefsten Krisensituationen. Sie leisten dabei menschlich Großartiges für die Betroffene und auch für die gesamte Gesellschaft“, zeigte sich MdB Schiewerling in der Gesprächsrunde sehr beeindruckt von den beispielhaften Schilderungen der täglichen Arbeit am „Notruf der Seele“.

Und jener Seismograph zeigt einen Trend auf: „Die Einsamkeit nimmt zu. Auch hier im Münsterland, auch in den ländlichen Regionen. Viele Menschen brauchen einfach jemanden, der ihnen zuhört – einfach nur zuhört“, schilderte eine der Ehrenamtlichen sehr einfühlsam. Sie zielte damit auch auf die erste Funktion der Telefonseelsorge ab: Einfach für andere Menschen da sein, mit ihnen reden und ihnen allein dadurch bereits zu helfen.
„Wir erleben hier am Telefon jede menschliche Krisensituation: Vom Hilferuf aus der Einsamkeit, über praktische Lebenshilfe für Menschen mit Ängsten, über die Aussprache von durch Beruf oder familiäre Situationen überforderte Menschen bis hin zu akut Suizid-Gefährdeten. Und jeder Anruf ist immer etwas neues, etwas ganz individuelles, was jeden Helfer immer wieder vor eine neue Aufgabe und Herausforderung stellt“, gaben die ehrenamtlichen Helfer einen tiefen Einblick in ihre Hilfepraxis.
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