Sorge vor einer „durchgestylten Gesellschaft“
Die Kinderheilstätte Nordkirchen ist ein offener Ort, darauf legt Geschäftsführer Andreas Wachtel großen Wert. „Wir sind nicht von Zäunen umgeben, sondern mittendrin und eingebunden ins Dorfleben“, erklärte er dem heimischen Bundestagsabgeordneten Marc Henrichmann. Der CDU-Politiker informierte sich über die Einrichtung, die Kinder und Jugendliche mit Handicap von der Frühförderung bis zur Schulentlassung begleitet. Im Gespräch ging es darüber hinaus um Bürokratieabbau, die Risiken der Pränataldiagnostik und die aktuelle Diskussion um einen Pflichtdienst.
Norbert Heßling, Leiter der Maximilian-Kolbe-Schule, Nicole Lampe, zuständig für die Frühförderung, Maria Arnschink, Leiterin der Heilpädagogischen Kindertageseinrichtung, und der stellvertretende Wohnheimleiter Thomas Tusche stellten die vielen Facetten ihrer Arbeit vor. Beim Rundgang gewann der Bundespolitiker Einblicke, wie die Kinder und Jugendlichen leben und lernen – und zeigte sich beeindruckt vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Immer mehr wertvolle Arbeitszeit müsse allerdings für Dokumentationen aufgewendet werden, bedauerte Tusche – eine Klage, die Henrichmann auch in anderen Einrichtungen und Unternehmen im Wahlkreis immer wieder hört. Er plädierte, wie auch Wachtel, für mehr Vertrauen. „Verlangt wird häufig das, was sich dokumentieren lässt und messbar ist“, stellte der Geschäftsführer der Kinderheilstätte fest. „Herz und Zuneigung sind aber nicht messbar.“
In der Diskussion um die Pränataldiagnostik, die vor der Geburt Hinweise auf mögliche Fehlbildungen des Kindes gibt, komme für den Geschäftsführer zu kurz, dass diese Kinder eine Bereicherung seien. „Es besteht die Gefahr einer durchgestylten Gesellschaft“, betonte Henrichmann, auch mit Blick auf die Debatte um das Werbeverbot für Abtreibungen.
Bereichernd ist die Arbeit mit diesen Kindern und Jugendlichen auch für die etwa 60 Bundesfreiwilligen, die einen Dienst in der Kinderheilstätte leisten. „Wir brauchen diese Form der Persönlichkeitsbildung in unserer Gesellschaft“, erklärte Norbert Heßling. Dass über einen Pflichtdienst diskutiert werde, begrüßte Henrichmann. „Es ist die Frage, ob wir mit einem Freiwilligendienst diejenigen erreichen, für die diese Form der persönlichen Orientierung besonders wichtig wäre“, meinte er. Es sei positiv, wenn junge Menschen neben ihren Rechten auch die Pflicht wahrnehmen und etwas für das Gemeinwohl zurückzugeben